Ein Thema das sich in diesem Monat wie ein roter Faden durch die Presse zieht, ist das Missverhältnis von Wertschätzung und Freiwilligenarbeit in der Open-Source- und Open-Data-Szene. Sinnbildlich dafür steht eine bekannte Karikatur des Webcomics xkcd, die veranschaulicht, wie ein Großteil der von vielen Unternehmen genutzten modernen IT-Infrastruktur auf der Grundlagenarbeit von Wenigen beruht. Diesen Einzelkämpfer:innen wird weder die verdiente Aufmerksamkeit noch eine finanzielle Entschädigung zuteil. Eine Beobachtung, die sich auch auf den Bereich der Zivilgesellschaft übertragen lässt: Zu viel Verantwortung und Arbeitslast ruhen auf Einzelnen, oft leisten Freiwillige kostenlos das, was eigentlich andere Stellen bereit stellen müssten.
Der Autor Clive Thompson zeigt dieses Problem in seinem Artikel “The Few, the Tired, the Open Source Coders” auf. Mit der Überlastung einzelner Open-Source-Entwickler:innen geht laut Thompson die Gefahr von veralteten Projekten einher. Quellcode, der nicht regelmäßig gewartet wird, könne massive Sicherheitsprobleme bergen - für alle, die darauf aufbauen. Der Artikel betrachtet mögliche Lösungsansätze aber auch kritisch. So gibt es Befürchtungen, finanzielle Anreize könnten eine Arbeitsmotivation und -weise hervorrufen, die dem Begriff “Open” nicht mehr gerecht würden.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer in Deutschland ist die Stärkung des digitalen Ehrenamtes, das sich die Regierungsparteien im aktuellen Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben haben. Auf diesen haben sich die Ampelparteien unter dem Titel Mehr Fortschritt wagen geeinigt. Das Dokument stieß in Bezug auf seine digitalpolitischen Inhalte vorwiegend auf Zustimmung. So fasst das Redaktionsnetzwerk Deutschland die Stimmen aus der Partei die Linke und des Chaos Computer Clubs zusammen und auch die Open Knowledge Foundation äußert sich in ihrem Blogpost vorsichtig optimistisch. “Ändert sich jetzt alles?” fragt auch der SPIEGEL und berichtet über die Arbeit einer überparteilichen Allianz von Digitalpolitiker:innen, die im Koalitionsvertrag gemeinsam ihre Handschrift hinterlassen haben.
Dass auch andere Länder mit den Problemen ineffizienter Vergabepraktiken und mangelnder Schnittstellendokumentation zu kämpfen haben, zeigt ein Artikel von WIRED über Stockholms Schul-App. Einige Eltern waren unzufrieden mit der offiziellen Schul-App der Stadt und analysierten daraufhin die API und entwickelten eine eigene Alternative. Die Stadt zeigte sich über die Entwicklung besorgt und schaltete sogar die Polizei ein. Der Artikel zeigt aber auch auf, wie der von der Community betriebenen App doch noch eine positive Zukunft in Aussicht steht.
Für viele ist der nächste Bahnhof die erste Anlaufstelle, wenn es um das Reisen innerhalb Deutschlands oder ins Ausland geht. Wir haben wohl alle einmal beim Warten auf den nächsten Zug den Fahrplan studiert und uns gefragt, welche Stadt das potentiell nächste Reiseziel sein könnte. direkt.bahn.guru von @juliustens liefert die visuelle Antwort auf diese Frage. Nach Eingabe des Start-Bahnhofs zeigt die Seite dem Nutzer auf einer Karte anschaulich, welche Städte vom eigenen Bahnhof ohne Umsteigen direkt erreicht werden können.
Die Stiftung für das sorbische Volk veröffentlichte diesen Monat eine Pressemitteilung, in der sie ankündigt, eine Open-Data-Strategie entwickeln zu wollen. Die Ankündigung ist Teil des größeren sorbischen Digitalkonzepts, welches in Form eines Wikis nachvollzogen und kommentiert werden kann.
Von Januar bis Oktober fand die zweite Runde der MapRoulette-Challenge “Add Buildings in Germany!” statt - ein Projekt mit dem Ziel, auf OpenStreetMap möglichst viele, noch digital fehlende Gebäude hinzuzufügen. Ein Team von engagierten Mappern schaffte es innerhalb kürzester Zeit, 360.000 Gebäude zu ergänzen. Ein besonders tatkräftiger Mapper brachte es alleine auf rund 126.000 Gebäude und erledigte somit ein Drittel der Aufgabenbereiche, in die die Arbeit aufgeteilt wurde. Der Organisator hfs berichtet in einem Blogartikel von dem Projekt und beobachtet Interessantes: So beginnen viele Mapper ihre Arbeit zunächst in einem ihnen bekannten Gebiet in der Nähe des eigenen Wohnorts und dehnen ihren Arbeitsbereich dann nach und nach aus.
Einen interessanten Einblick in die Außenwirkung der Civic-Tech-Szene bietet ein Interview mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Humboldt Universität Berlin, Daniel Staemmler. Staemmler, dessen Forschungsbereich digitaler Aktivismus und politischer Protest ist, fasst in dem Gespräch seinen Eindruck der aktuellen Entwicklungen in der Szene zusammen und wagt eine Zukunftsprognose. Der Artikel bietet somit eine gute Möglichkeit, einen Schritt zurück zu treten und zu erfahren, wie die Civic-Tech-Szene von außen wahrgenommen wird.
Seit dem 1. September 2021 gilt in der Stadt Zürich das Prinzip “Open by Default”, dessen flächendeckende Umsetzung sich die Open-Data-Community auch in Deutschland wünscht. “Open by Default” bedeutet, dass sich die Regierung verpflichtet, sämtliche Datensätze standardmäßig der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. In einem Interview berichtet Zürichs Open-Government-Data-Projektleiter Marco Sieber, wie das neue Regelwerk geschaffen und umgesetzt werden konnte.
Und sonst so?
FragDenStaat, die Internetplattform, über die Anfragen auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes gestellt werden können, geht jetzt auch direkt ins Ohr. Nein, es geht ausnahmsweise nicht um einen neuen Podcast, sondern um ein Musikvideo. Mit dem Song “Das ist alles von der Informationsfreiheit gedeckt” covert das Team von FragDenStaat Danger Dans “Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt” und verwandelt den Song in eine Hommage an die Informationsfreiheit.